Redaktion: Herr Sperling, Sie beschäftigen sich seit vielen Jahren mit der technischen und strategischen Entwicklung von Kommunikation. Was hat sich in den letzten fünf Jahren am stärksten verändert?

Dipl.-Ing. (FH) Frank Sperling, AR Agentur,
Frank Sperling: Wir erleben aktuell eine Zeitenwende in der Kommunikation. Die größte Veränderung sehe ich in der Verschmelzung von Technologie und Inhalt. Kommunikation ist heute nicht mehr nur Text oder Bild – sie ist immersiv, dialogorientiert und oft auch datengetrieben. Das betrifft interne wie externe Prozesse. Gleichzeitig hat Künstliche Intelligenz eine neue Ära eingeläutet: Sie analysiert, prognostiziert, formuliert und kann sogar gestalten. Das verändert alles – nicht nur das Wie, sondern auch das Warum.
Redaktion: Was meinen Sie mit „das Warum“?
Frank Sperling: Früher war Kommunikation ein Mittel zum Zweck: informieren, überzeugen, verkaufen. Heute erwarten Nutzer*innen Mehrwert, Interaktion und Individualität. Die Frage lautet nicht mehr nur: Was will ich sagen?, sondern: Warum sollte jemand zuhören, mitmachen, sich identifizieren? KI und digitale Systeme helfen uns dabei, auf diese Fragen personalisierte Antworten zu geben. Unternehmen, die das verstehen, kommunizieren nicht mehr „an“ Zielgruppen – sie treten in Beziehung.
Redaktion: Sie sprechen von einer Beziehung. Wie wichtig ist Emotionalität in Zeiten digitaler Kommunikation?
Frank Sperling: Enorm wichtig. Technologische Mittel wie KI, Chatbots, Avatare oder Augmented Reality sind Werkzeuge. Aber entscheidend ist die emotionale Intelligenz, die man in die Kommunikation hineinprogrammiert – sei es durch Storytelling, Design oder Sprache. Menschen reagieren auf Emotionen, nicht auf Daten. Wer mit einem Avatar spricht, erwartet kein nüchternes System, sondern einen empathischen Gegenüber. Das gilt für B2C genauso wie für B2B.
Redaktion: Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach Künstliche Intelligenz in der Zukunft der Unternehmenskommunikation?
Frank Sperling: Eine zentrale. KI ist nicht mehr nur ein „Tool“, sondern ein intelligenter Partner. Sie übernimmt repetitive Aufgaben, hilft beim Monitoring von Trends, formuliert erste Textentwürfe, liefert Übersetzungen und kann sogar Tonalitäten simulieren. Wichtig ist, dass sie kontrolliert und ethisch eingebunden wird. Denn: KI ist mächtig – aber nicht unfehlbar. Die Verantwortung für Inhalte liegt weiterhin beim Menschen.
Redaktion: Wie sehen Sie die Entwicklung im Bereich Avatare? Werden diese zu einem echten Kommunikationskanal?
Frank Sperling: Absolut. Avatare sind eine faszinierende Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Sie machen digitale Kommunikation sichtbar und erlebbar. Ob als virtuelle Assistenten auf Messen, als Markenbotschafter auf Websites oder als interaktive Berater in Schulungssystemen – die Einsatzmöglichkeiten sind riesig. Wenn sie mit KI kombiniert werden, entsteht etwas Neues: ein real wirkender Dialog mit einer virtuellen Persönlichkeit. Das ist kein Zukunftsbild mehr, sondern vielfach Realität.
Redaktion: Ist die Gefahr der Entmenschlichung dabei nicht groß?
Frank Sperling: Die Gefahr besteht, wenn man Technologie isoliert betrachtet. Aber kluge Kommunikation nutzt Technik nicht, um Menschen zu ersetzen, sondern um den Kontakt zu vertiefen. Ein gut programmierter Avatar kann zum Beispiel Menschen durch komplizierte Prozesse führen, rund um die Uhr Fragen beantworten oder komplexe Inhalte verständlich machen. Und er tut das in der gewünschten Sprache, in einem gewünschten Ton. Solche Systeme schaffen Zugang, nicht Distanz.
Redaktion: Welche Technologien sehen Sie aktuell als besonders einflussreich für die Kommunikationsentwicklung?
Frank Sperling: Neben KI und Avataren sind es Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR), die für mich großes Potenzial haben. Sie verwandeln flache Informationen in dreidimensionale Erlebnisse. Das ist für Schulung, Produktpräsentation oder Markenkommunikation revolutionär. Stellen Sie sich vor: Statt einer Anleitung sehen Sie ein virtuelles Modell direkt im Raum – das verändert, wie wir Inhalte aufnehmen und verarbeiten. Hinzu kommt die gestiegene Barrierefreiheit: WebAR benötigt keine App mehr, das senkt Hürden erheblich.
Redaktion: Welche Herausforderungen sehen Sie für Unternehmen, die sich auf diese neuen Kommunikationswege einlassen wollen?
Frank Sperling: Die größte Herausforderung liegt im Mindset. Viele Unternehmen sehen neue Kommunikationsformen immer noch als Spielerei – oder als Investition ohne sofortigen ROI. Dabei geht es um strategische Markenführung. Man muss bereit sein, alte Muster zu verlassen und neue Wege zu denken – agil, mutig, kreativ. Technisch ist vieles möglich. Aber es braucht Mut zur Veränderung und ein klares Ziel.
Redaktion: Und wie kann man diesen Weg konkret beginnen?
Frank Sperling: In kleinen Schritten, aber konsequent. Zuerst sollte man analysieren: Wo sind meine Kommunikationslücken? Was wünsche ich mir an Wirkung? Welche Zielgruppen will ich besser erreichen? Dann kann man gezielt Technologien auswählen. Ein Pilotprojekt mit einem Avatar, eine WebAR-Anwendung, ein KI-gestützter Textprozess – das muss nicht riesig sein, aber gut durchdacht. Und: Ein starker Partner mit Erfahrung macht den Einstieg leichter.
Redaktion: Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach Agenturarbeit in dieser Entwicklung?
Frank Sperling: Eine große. Agenturen wie Logan Five beispielsweise verbinden Strategie, Design, Technologie und Kommunikation auf hohem Niveau. Sie übersetzen komplexe Anforderungen in verständliche, funktionierende Lösungen – und sie denken mit. Das ist entscheidend. Denn es geht nicht nur darum, Tools zu installieren, sondern darum, Kommunikation neu zu denken. Agenturen, die das beherrschen, sind keine Dienstleister, sondern echte Innovationspartner.
Redaktion: Gibt es einen Kommunikationskanal, den Sie für überschätzt oder sogar überholt halten?
Frank Sperling: Nein – jeder Kanal hat seine Berechtigung, wenn er richtig eingesetzt wird. Was ich allerdings für problematisch halte, ist der Wildwuchs an Kanälen ohne klare Strategie. Nur weil ein Trend auf TikTok entsteht, muss man nicht sofort aufspringen. Unternehmen brauchen eine klare Kommunikationsarchitektur. Qualität schlägt Quantität. Lieber drei gut gepflegte, wirkungsvolle Kanäle als zehn halbherzige.
Redaktion: Und wenn Sie einen Wunsch äußern dürften – wie sollte Kommunikation in fünf Jahren aussehen?
Frank Sperling: Ich wünsche mir eine Kommunikation, die wahrhaftig, dialogisch und technologisch sinnvoll unterstützt ist. Eine Kommunikation, die Menschen berührt, aber zugleich ihre Zeit respektiert. Und eine, die Technologie nicht als Selbstzweck, sondern als Brücke versteht – zwischen Information und Verständnis, zwischen Unternehmen und Mensch.
Redaktion: Herr Sperling, vielen Dank für dieses inspirierende Gespräch für die Künstliche Intelligenz in Coburg.